Verlobung in Bad Lauchstädt
Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt. Quelle: Wikimedia
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Nachdem Karoline und Charlotte Jena verlassen hatten, waren sie zunächst nach Burgörner gereist, dem Familiengut Dacherödens im Mansfeldischen bei Hettstedt, wo sie für einige Tage ihre Freundin Karoline von Dacheröden besuchen wollten. Von dort aus hatten die Frauen eine gemeinsame Reise nach Bad Lauchstädt geplant, wo sie am 14. Juli 1789 eintrafen.
Noch bevor sich der Juli dem Ende zuneigte, wartete ich sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen der beiden Schwestern. Seitdem sie in Bad Lauchstädt weilten, war es noch schwerer geworden von einander Post zu bekommen. Frau Griesbach, von meinen Freundinnen und mir „der Lorbeerkranz“ genannt, hatte ebenfalls Post aus der Kur erhalten, doch zu meinem Glück noch später als ich, denn sonst hätte mich nichts mehr halten können.
Karoline beschrieb in ihrem Brief das Zusammensein mit ihrer Freundin, und es machte mich fast eifersüchtig und neidisch, ihren Ausführungen zu folgen.
Doch war mir schon ein einziger Gedanke, den sie mir widmete, sehr viel wert. Aber dieser mir geltende Gedanke war leider auch alles, was ich wirklich „mein“ nennen konnte.
Je mehr ich an Karoline und Lotte dachte, umso weniger konnte ich die Geschöpfe tolerieren, die mich hier in Jena umgaben.
Unerreichbar fern von mir existierten zwei Frauen, die ich verehrte und denen mein Herz liebevoll nahe stand. Doch was blieb mir mehr von ihnen, als ein Schatten meiner Gedanken?!
Um leben zu können, musste ich ihren Atem spüren und sie um mich haben, damit die Glut meines Herzens weiter glimmen konnte. Doch wenn sie in meiner Nähe waren, drohte ich an meinem eigenen Feuer schier zu verbrennen.
Und was war die eine ohne die andere? Teilten sie doch alles miteinander! Warum nicht auch mich?! Ich malte mir aus, wie glücklich wir gemeinsam werden könnten.
Wie sehr wünschte ich mir in diesem Moment meine wirtschaftlichen Verhältnisse ändern zu können. So wurde mein Schweigen für mich selbst eine Peinigung. Doch ich durfte und konnte unter diesen Umständen meine wahren Gefühle und Absichten niemandem anvertrauen.
Die gesellschaftlichen Formen forderten Sklaven und Opfer. Die Rücksicht darauf hatte mir schon einige Male alle Freuden verdorben. Mir war, als könnte das einzige Tor, das als Ausweg aus meiner Einsamkeit weit offen stand, mit einem Male zuschlagen.
Auch Charlotte hatte an mich gedacht, nur war ihr Brief auf Umwegen zu mir gelangt. Um mein Ziel zu erreichen, musste ich ihr Herz erobern, doch ihre verschlossene, kühl und distanziert wirkende Art tat ein Zusätzliches, um mich immer wieder vor dem letzten Schritt einer Aussprache zurückschrecken zu lassen. Wenn sie doch in meine Augen wie in einen Spiegel meiner Seele blicken könnte, würde es keiner Worte mehr bedürfen, und es gäbe um meine Empfindungen kein Rätsel mehr für sie.
Die Zeit war im Moment nicht gerade mein Freund, denn ich hatte Göschen die Fortsetzung des Geistersehers versprochen und sie wieder nicht liefern können.
Göschen, der nach wie vor mein Verleger in Leipzig war, hatte mir aufgrund meiner in Kürze geplanten Reise dorthin vorgeschlagen, in seinem Hause zu logieren, was ich jedoch dankend ablehnte. Nur auf eine Einladung zum Kaffee wollte ich nicht verzichten, da ich seine Gattin kennenlernen wollte.
Mein Kopf war angefüllt mit heftigsten Grübeleien, und ich fieberte erwartungsvoll dem bevorstehenden Wiedersehen mit meinen Freundinnen, den Körners und Dora entgegen. Ich reiste wie geplant über Bad Lauchstädt und traf dort am 2. August 1789 spät abends ein. Direkt am nächsten Morgen eilte ich zu Karoline und Lotte.
Da meine Weiterfahrt nach Leipzig und mein Treffen mit Körner noch am gleichen Tag geplant war, blieb mir nicht viel Zeit. Meine schnelle Weiterfahrt gab unserem Treffen vor der Öffentlichkeit einen zufälligen Anschein.
Ich wurde schon erwartet. Karoline und Charlotte verbargen ihre Aufregung so gut es ging, doch ich merkte, dass Lotte meinen Blicken auswich und verlegen wurde, wenn ich sie ansah. Karoline von Dacheröden, die uns begleitete, und die ich endlich kennenlernen durfte, fühlte sich aufgrund einer Erkrankung nicht wohl. Sie litt schon etliche Jahre immer wieder an Brustkrämpfen, die mit Husten und Blutspucken einhergingen. Trotzdem bemerkte ich die Harmonie, die zwischen den drei Freundinnen herrschte. Wir verbrachten zusammen ein paar angenehme Stunden, und als die Zeit zum Aufbruch drängte, nahm mich Karoline zur Seite. Was sie mir mitteilte, entfachte in mir ein Feuerwerk: Lotte würde auf einen Antrag von mir warten, weil sie nicht mehr ohne mich leben wollte.
Wie konnte ich Lotte warten lassen?! Wie glücklich war ich über Karolines aufklärende Worte, mit denen sie mir Mut machte, Lotte endlich meine Liebe zu gestehen.
Noch vor meiner Weiterfahrt nach Leipzig machte ich Lotte einen schriftlichen Antrag und legte alle Freuden meines Lebens in ihre Hände. Mein ganzes Dasein, meine Seele wollte ich ihr widmen. Unsere Freundschaft und Liebe würde niemals zerreißen und ewig sein, wie die Gefühle, auf denen wir sie gründeten. Ich konnte es selbst nicht fassen, ich hatte mich gerade, wenn auch heimlich und nicht offiziell, mit Charlotte von Lengefeld verlobt!
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