Hier im Kollegium neidete man mir meinen Erfolg, was mir die Zahl der freundschaftlichen Kontakte nicht gerade erhöhte.
Es folgten viele Besuche und Empfänge von Professoren und Studenten, und ich fühlte mich trotz der vielen neuen Eindrücke und Verpflichtungen zu Hause. Reinhold, Hufeland und Schütz trugen mich auf Händen, und auch mit dem Hause Griesbach stand ich in guter Verbindung. Ich war gut gelaunt und gesellig. Mein Dasein hatte sehr viel Positives angenommen. Auch einem Ball wohnte ich bei und betrachtete die hiesige Damenwelt mit Interesse. Doch da war nicht eine, die mir besonders auffiel, zumal ich mich lieber dem Kartenspiel zuwandte. Anwesend war auch der geheime Hofrat Eckardt, der als Professor des Rechts an der Universität lehrte und dort ein einflussreicher Mann war. Man legte mir seine unverheiratete Tochter ans Herz und versuchte mich zu verkuppeln, doch mir gefiel weder sie, noch die Familie.
In den nächsten zehn Tagen hatte ich wegen der Pfingstferien keine Lesung, und ich nahm mir die Zeit, einige lange Briefe an Körner und meine Freundinnen zu schreiben, um ihnen zu berichten, was zwischenzeitlich hier geschehen war.
Vor allen Dingen freute ich mich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit Körner, Minna und Dora, das im August in Leipzig stattfinden sollte. Endlich, nach zwei Jahren würden wir uns wiedersehen, und ich bedauerte, dass nicht auch Huber dabei sein konnte, um unsere damalige Gruppe komplett zu machen.
Mitte Juni machte es mir ein fürchterlich hartnäckiger Schnupfen unmöglich, nach Rudolstadt zu reisen, und ich musste meinen geplanten Aufenthalt um eine Woche verschieben. Nach einem viel zu kurzen Besuch bei meinen Freundinnen reiste ich bereits am 21. Juni wieder zurück nach Jena.
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