Uraufführung und Abschied

Das Schillerhäuschen auf dem Körnerschen Weinberg in Loschwitz bei Dresden, wo Schiller vom 13. September 1785 bis zum Sommer 1787 wohnte. Quelle: Wikipedia
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Goethe war nach Pyrmont gereist, um seine Gesundheit vollends wieder herzustellen und hielt sich anschließend noch längere Zeit in Göttingen auf, von wo aus er über Kassel, Eisenach und Gotha am 30. August 1801 wieder nach Weimar zurückkehrte.
Lotte und ich hatten geplant, für drei Wochen an die Ostsee zu reisen, dort das Seebad Doberan bei Rostock zu besuchen und im Anschluss daran über Berlin und Dresden zurückzukehren. Ich wollte andere Theater und gute Vorstellungen besuchen, aber auch Körner, Minna und Dora wiedersehen und meinem Geist neue Nahrung bieten.
Doch in Hinblick auf die lange, strapaziöse Reise an die See, entschieden wir uns letztendlich zu einer Reise nach Dresden und Leipzig, zumal es schon spät im Jahr war und Lotte sich nicht wohl fühlte. Während unserer Abwesenheit wurden Karoline und Ernst von ihrer Großmutter in Rudolstadt betreut. Karl reiste mit uns. Meine Schwägerin und ihr Sohn Adolph, begleiteten unsere Fahrt nach Dresden in eigener Kutsche, da ihr Mann bis Ende des Jahres in Russland bleiben sollte.
Ich bat Körner im Vorfeld darum, für eine passende Unterkunft zu sorgen. Er sollte sich außerdem um eine Stallung für die zwei Pferde kümmern. Zusätzlich sollte er bei der Logissuche auch an ein Quartier für meinen Diener und Lottes Zofe denken, die uns begleiteten.
Nach einem kurzen Wiedersehen mit den Humboldts, die Anfang August von ihrer langen Reise für kurze Zeit zurück nach Erfurt gekommen waren, fuhren wir am 6. August in Richtung Dresden, wo wir von Körner und seiner Familie am 9. August aufs Herzlichste begrüßt wurden.
Zu meiner Freude quartierte man uns im Loschwitzer Weinberghäuschen ein, das ich bereits aus längst vergangenen Zeiten kannte, als ich dort im Jahre 1785 von meinen Freunden aufgenommen worden war und meinen
Don Carlos vollendete. Im Kreise unserer Freunde verlebten wir angenehme und glückliche Tage, trafen alte und neue Bekannte, genossen die Natur und die Kunst und redeten über unsere mit Arbeit und Familie verbundenen Zukunftspläne.
Bis zum 1. September blieben wir in Loschwitz und zogen dann in die Stadt nach Dresden, in die zweite Etage eines in Postnähe gelegenen Hauses, in der Pirnaischen Straße. Das unaufhörliche Gerassel der vorbeifahrenden Wagen strapazierte mein Nervenkostüm aufs Höchste, doch ich freute mich auf die gemeinsamen Stunden im Familienkreise Körners und dessen Freund des Hauses Graf Geßler, früher Gesandter in Dresden, den ich bereits 1796 kennengelernt hatte.
Als wir am 15. September 1801 Dresden verließen, überfiel mich eine wehmütige Ahnung, dass ich diesen Ort nicht wiedersehen würde.
Körner und seine Familie begleiteten uns auf der Rückreise nach Leipzig. Noch vor unserer Abreise hatte ich die
Jungfrau von Orleans verschiedenen Theatern angeboten, darunter auch dem Direktor Opitz der Leipziger Bühne. Dort wurde das Stück schließlich am 11. September 1801 uraufgeführt.
Als ich zum ersten Mal am 17. September der bereits 3. Aufführung meines Stückes beiwohnte, bot mir das Publikum einen herrlichen Triumph. Bereits als der Vorhang nach dem ersten Akt fiel, brachen die Zuschauer in Begeisterungsstürme aus, die sich durch ein lautes: „Es lebe Friedrich Schiller!“, Luft machten.
Das mehrfach wiederholte Vivat, wurde mit Pauken und Trompeten begleitet. So etwas hatte ich noch nie erlebt, denn laute Beifallbekundungen waren in Weimar auf Befehl des Herzogs strengstens untersagt. Es war vorgekommen, dass dort Applaudierende sofort von Husaren abgeführt wurden.
Als das Stück endete, stürmte alles in Eile aus dem Theater, um mich aus der Nähe zu sehen, zu grüßen und mir zu danken.
Die Menge verfiel in eine ehrfurchtsvolle Stille, teilte sich und gewährte uns mit entblößten Häuptern ungehinderte Passage durch ihre Reihen.
Ab und zu sah ich, wie Eltern ihre Kinder emporhoben und ihnen zuflüsterten: „Seht, der ist es!“.
Achtmal wurde die Vorstellung in Leipzig mit großem Erfolg gegeben und auch mit lobenden Worten im Weimarer „Journal des Luxus und der Moden“ erwähnt.
Obwohl ich mich über das begeisterte Publikum freute, ärgerte ich mich über die Leipziger Schauspielerschaft, die mein Stück aufs Gröbste malträtiert hatten. Eine Zeitlang dachte ich daran, alle Stücke für deutsche Theater in Prosafassungen umzuschreiben.
Am 20. September 1801 kehrten wir nach Weimar zurück. Es fiel mir schwer, mich an meinen Alltag zu gewöhnen, zumal mir die Abende im Hause meines Freundes Körner fehlten. Noch ahnte ich nicht, dass es ein Abschied für immer sein würde, denn wir sollten uns nicht wiedersehen.
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