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Die Braut von Messina

Lotte war Anfang August zu ihrer Mutter nach Rudolstadt gefahren. Sie hatte die Patenschaft für das erste Kind ihrer Jugendfreundin Friederike von Gleichen-Rußwurm übernommen. Die bereits am 17. Juni geborene Bertha war am 2. Juli getauft worden und starb wenige Zeit später.
 
Lotte hatte den Kindern und mir eine Ananas geschickt, über die sich besonders Ernst sehr freute.
 
Die Kinder machten mir sehr viel Freude und besonders Karlinchen war allerliebst und erfindungsreich, wenn sie etwas haben wollte und es nicht fordern durfte. Sie plapperte viel und versuchte zu erzählen, dass die Mama in „Nudeltat“ sei und Sachen mitbringen würde, wenn sie wiederkäme. Ernst hatte sehr große Angst vor Gewitter und versuchte mich auszufragen, ob sie gefährlich für ihn werden könnten.   
 
Ich hatte eine Kur mit Eselsmilch begonnen, die schon in der Antike als ein Heilmittel bei Lungenkrankheiten bekannt war.
 

Die glühend heiße Witterung machte uns allen zu schaffen, und ich ging oft in den Park an der Ilm, wo mir auch Charlotte von Kalb über den Weg lief, die sich seit April in Weimar aufhielt. Noch einmal traf ich sie bei einem Ausflug zum Schloss Belvedere.
 
Von ihren fünf Kindern, waren zwei verstorben. Fritz und ihr jüngster Sohn lebten beim Vater in Waltershausen. Ihre Tochter Edda hatte sie nach Weimar begleitet. Charlottes prekäre finanzielle Situation hatte sich nicht verbessert, denn es blieb der größte Teil ihres Vermögens verloren.
 
Ich setzte mich bei Karl Theodor von Dalberg für sie ein, der ihr helfen sollte, eine Tätigkeit als Erzieherin junger Mädchen zu finden. Doch der Versuch scheiterte. Es war das letzte Mal, dass ich sie sah, denn schon bald verließ sie Weimar. Charlotte, die von ihrem Mann getrennt lebte, ging 1804 fast völlig verarmt nach Berlin.
 
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Beatrice, Charakter aus dem Schiller-Drama „Die Braut von Messina“, Zeichnung von Arthur von Ramberg, 1859
Quelle: Wikipedia
 



Goethe konnte mir trotz seines einsamen Jenaer Aufenthaltes nichts poetisch Produktives melden und war mehr mit seinen naturwissenschaftlichen Studien beschäftigt. 
 
Ich hatte mit der Arbeit an der Tragödie „Die feindlichen Brüder“ begonnen, gab ihr jedoch den Titel Die Braut von Messina. Dieses Werk eignete sich vorzüglich dafür, der antiken Darstellungsform einer Tragödie näher zu kommen und trotzdem einen neueren Stil zu zeigen, zumal ich mir die Ausführung recht einfach vorstellte.
 
In der ersten Jahreshälfte war ich nahezu untätig gewesen, was größere, eigene Werke anbetraf, und es war höchste Zeit, meinem Dasein wieder einen neuen Sinn zu geben. Außerdem hatte mir Goethe aus Lauchstädt einen Mahnbrief geschickt, in dem er mich anhielt, konzentrierter zu arbeiten, um endlich wieder etwas Produktives und vor allem theatralisch Wirksames zustande zu bringen.
 
Am Ende des Jahres sollte das Stück fertig sein, damit es Ende Januar, pünktlich zum Geburtstag der Herzogin, aufgeführt werden konnte.


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