Macbeth und neuer Krankheitsschub
Obwohl mich Goethe oft zu sich einlud, hielt mich die Arbeit an meinem Drama Maria Stuart im Hause fest, die ich seit einigen Tagen wieder aufgenommen hatte. Den Silvesterabend verbrachten wir gemeinsam und stießen mit Champagner, guten Wünschen auf den Lippen und im Herzen, auf das kommende Jahrhundert an.
Weimar bot Lotte und mir viel Zerstreuung. Zuweilen waren es Aktivitäten im Hause Goethes oder Opern und Konzerte, die gerne von uns besucht wurden. 
Die schlafwandelnde Lady Macbeth. Gemälde von Johann Heinrich Füssli. Quelle: Wikipedia
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Wir hatten wieder intensiveren Kontakt zu Karoline und Wilhelm von Wolzogen. Unser Freundschaftsband von einst umschlang uns fester und inniger.
Ich wurde oft von Goethe zu Spazier- oder Schlittenfahrten überredet und ließ über Cotta bei den Theatern in Stuttgart und Frankfurt anfragen, ob man dort an einer Bühnenfassung des Shakespeare Stückes "Macbeth" interessiert sei, an der ich zu arbeiten begonnen hatte. Frankfurts Zusage kam bereits Anfang Februar und Stuttgart folgte Anfang März.
Trotz der unruhigen ersten Eingewöhnungszeit mit den vielen neuen Eindrücken machte meine Arbeit Fortschritte, und ich hoffte, bis Ende Februar damit fertig zu sein. Mitte Januar verfolgten mich die Gedanken zu diesem Stück bis tief in die Nacht, so dass ich erst in den frühen Morgenstunden einschlief und gegen Mittag ganz verwirrt erwachte. Ich hatte zuvor geglaubt, die Bearbeitung des
Macbeth würde nicht mehr als zwei Wochen in Anspruch nehmen, doch jetzt wurde mir klar, dass ich mit den alten Übersetzungen in Prosa nichts anfangen konnte und das Stück vollkommen neu in Jamben übersetzen musste. Die
Maria konnte ich in dieser Zeit vergessen, denn daran war nicht zu denken.
Der von Krankheit gezeichnete Friedrich von Schiller 1804. Zeichnung von F. G. Weitsch. Quelle: Uni Jena
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Am 16. Februar 1800 zwang mich ein neuer, heftiger Krankheitsschub dazu, meine Arbeiten zu unterbrechen.
Die übelsten Krämpfe waren zurückgekehrt und wurden von einem hohen Fieber begleitet, das mich dem Tod nahe brachte. Doktor Harbaur war im Auftrage Starks von Jena gekommen und hatte in Weimar Logis genommen, um meine ärztliche Betreuung und Pflege zu übernehmen. Es wurde ein gefährliches Nervenfieber diagnostiziert, zu dem sich ein quälender Husten gesellte, der Mitte März noch nicht ganz abgeklungen war.
Ich flehte meinen Arzt an, er möge mich noch einige Tage am Leben halten, damit ich die nötigsten Geschäfte zu Ende bringen könne. Ungeachtet der Tatsache, dass meine Ärzte mich schon aufgegeben hatten, erholte ich mich, und obwohl es mir noch immer an Kräften mangelte, nahm ich alsdann meine Arbeit wieder auf, die schon solange auf ihre Beendigung wartete.
Die gewaltsame Wirkung der Luft hatte mich erschreckt, und ich genoss sie nur noch von meinem Fenster aus. Nach draußen wollte ich mich vorläufig nicht mehr wagen.
Selbst Ende März war der Husten noch nicht gewichen, und ich hatte rechte Mühe, Treppen zu steigen oder etwas ähnlich Anstrengendes zu tun. Lotte hatte durch meine neue Erkrankung sehr gelitten. Da sie selber noch Erholung brauchte, sehnte sie sich nach Abgeschiedenheit und Ruhe.
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