Karoline und Wilhelm von Wolzogen

Karoline Freifrau von Wolzogen
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Nachdem im süddeutschen Raum sowohl Frankfurt als auch Stuttgart von den Franzosen angegriffen und schließlich eingenommen worden waren, flohen meine Schwägerin Karoline von Wolzogen und ihr Mann Wilhelm am 04. August 1796 aus Bauerbach nach Jena, um sich vor den immer weiter vorrückenden französischen Truppen in Sicherheit zu bringen. Auch in Jena und Weimar, wo sich die Bevölkerung bisher sicher gefühlt hatte, wurden Bedenken laut, und die Furcht vor den Franzosen wuchs von Tag zu Tag.
Ich hatte Karoline seit ihrer Verheiratung mit Wilhelm von Wolzogen nicht mehr gesehen, und das erste Wiedersehen verlief äußerst frostig, weil ich ihr die, wie ich fand, übereilte Eheschließung im Jahre 1794 nicht verzeihen konnte. Für mich war diese Frau überhaupt nicht daran interessiert, ihren Mann glücklich zu machen, denn sie verwechselte meiner Meinung nach Freundschaft mit Liebe und war die Verbindung doch nur eingegangen, um versorgt zu sein. Sie war viel zu unbeständig, und ich hielt sie zur wahren Liebe nicht fähig. Als Schwester meiner Frau musste ich ihre Besuche notgedrungen akzeptieren, doch konnte ich ihr zu der Ehe mit Wilhelm von Wolzogen meinen Segen nicht geben. Damals nicht! Zumal ich glaubte, sie könne niemals gut gehen, auch wenn beide äußerlich betrachtet gut zusammen passten und Wolzogen mit der Flatterhaftigkeit seiner Frau umzugehen wusste.
Im Laufe der Zeit besserte sich unser distanziertes Verhältnis, und ich veröffentlichte auf Wunsch Karolines ihren Roman „Agnes von Lilien“ in den
Horen, jedoch anonym, so dass ein Rätselraten begann, wer denn der Verfasser sei. Selbst Goethe wurde hierzu in Betracht gezogen.
Karoline hatte 1795 einen Sohn zur Welt gebracht. Der kleine Adolph von Wolzogen blieb bis Anfang des Jahres 1797 in einer Pflegestelle bei Schaffhausen und wurde dann von seinen Eltern nach Thüringen geholt, wo sein Vater als Kammerherr und Kammerrat in Weimarsche Dienste trat.
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