Kabale und Liebe
Mittlerweile war auch die Luise Millerin für theaterfähig erklärt worden. Ich gab mein Werk zum Druck an den Verleger Schwan.
Als nun Iffland ebenfalls sein Familienstück „Verbrechen aus Ehrsucht“ auf die Bühne brachte und zwar mit großem Erfolg, zitterten alle mir Nahestehenden um die erfolgreiche Aufführung meiner Luise Millerin, die von Iffland in Kabale und Liebe umbenannt worden war. Doch hatte das Stück wider Erwarten den gleichen Erfolg wie die Räuber.
Streicher und ich konnten in einer eigens für uns reservierten Loge der ersten Vorstellung am 9. März 1784 in Mannheim beiwohnen. Ich war sehr unruhig und begleitete jedes Wort der Handlung mit übersteigertem Interesse. Streicher beobachtete mich aus dem Augenwinkel heraus und erzählte mir nach der Vorstellung, wie sehr das Spiel meiner Lippen, das Zusammenziehen meiner Augenbrauen und die Blitze in meinen Augen meinen Gemütszustand verraten hätten.
Am Schluss des ersten Aufzuges wusste ich dann, dass die Vorstellung gut sein würde.
Die Krönung erfolgte zum Schluss, als sich das gesamte Publikum mit heftigen Beifallrufen und lautem Händeklatschen von den Plätzen erhob.
Ich war überrascht, ja, überwältigt und erhob mich ebenfalls, wandte mich der begeisterten Menge zu und verbeugte mich dankbar vor ihr. Es war eine tiefe Zufriedenheit in mir, darüber, dass meine Arbeit anerkannt und mit Auszeichnung geehrt worden war.
Nach diversen Aufführungen in Mannheim kam das Stück auch nach Stuttgart, zu dessen Aufführung Iffland anreiste. Wie ich hörte, war mein Vater ganz stolz darauf, ein Buch-Exemplar meines Trauerspieles zu besitzen, denn es gefiel ihm offensichtlich. Dies durfte er sich öffentlich nicht anmerken lassen, da das Stück gewisse Stellen enthielt, die dem Fürsten missfallen würden.
Das alte Königliche Hoftheater in Stuttgart
Stich von Ernst Friedrich Grünewald und William John Cooke nach einer Zeichnung von Friedrich Keller, um 1840
Kabale und Liebe wurde aufgeführt, und meine Schwestern wohnten der Vorstellung als Ehrengäste bei. Allerdings untersagte der Herzog die Wiederholung des Stückes, da ihm etliche Beschwerden zu Ohren gekommen waren, weil sich einige hochrangige Herrschaften in den Hauptfiguren erkannt haben wollten.
In stetem brieflichen Kontakt mit meiner Familie stehend, erfuhr ich, dass meine Mutter mit quälenden Koliken darniederlag, deren Schmerzen, vom Magen ausgehend, über Kopf, Brust, Rücken und Lenden ausstrahlten. Ich schickte meinem Vater verschiedene Rezepturen, um ihre schnelle Genesung herbeizuführen, doch sie halfen allesamt nicht.
Nun lag die Ursache ihrer Erkrankung nicht alleine im körperlichen Bereich, sondern vielmehr darin, dass sie sich seit meinem Weggang von Stuttgart immerfort grämte und sorgte. Zehn Jahre älter sei sie geworden, so schrieb sie mir. Mein Vater bekam keinen Urlaub, und die spärlichen finanziellen Mittel verhinderten einen Besuch oder ein Treffen an einem neutralen Ort. In seiner Not schlug mir mein Vater vor, mich mit dem Herzog auszusöhnen und zurückzukehren. Doch das wäre ein Schlag gegen meine Ehre gewesen, denn ich hätte reumütig in das Nichts zurückkehren müssen, aus dem ich gekommen war.
Karoline Ziegler. Ehefrau des Schauspielers Beck (1784). Spielte die Rolle der "Luise" in "Kabale und Liebe".
Quelle: Könnecke 1905. Lithographie aus "Götz, geliebte Schatten"
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