Die Horen
Die Horen. Meyers Lexikon 1888. Quelle: Wikipedia
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Da ich mich zwischenzeitlich bereits gedanklich mit der Umsetzung der
Horen beschäftigte, distanzierte ich mich innerlich immer mehr von dem Vorhaben, Redakteur der politischen Zeitung zu werden. Die Verträge waren unterzeichnet, jedoch noch nicht ausgetauscht. So teilte ich Cotta Anfang Juni meinen endgültigen Entschluss mit, worin ich von mehreren Seiten bestärkt worden war.
Man riet mir dazu, auf der Veröffentlichung des Journals zu bestehen, und der politischen Zeitung den Rücken zuzukehren.
Cotta beschloss daraufhin, diese alleine Posselt anzuvertrauen und mir die Betreuung der
Horen zu überlassen.
Nun lag es an mir, die besten humanistischen Schriftsteller mit ihren Werken für das Journal zu gewinnen, und ich glaubte fest daran, dass aufgrund dieser wohlklingenden Namen und deren inhaltstiefen Beiträge auch der Erfolg nicht ausbleiben würde.
Hier am Ort konnte ich schon vier Personen und deren Mitarbeit benennen: Fichte, Humboldt, Karl Ludwig Woltmann, Professor der Geschichte, als mein Nachfolger in Jena und ich. An noch viele andere gedachte ich zu schreiben: Kant, Garve, Engel, Jacobi, Gotter, Herder, Klopstock, Voß, Maimon, Baggesen, Reinhold, Blankenburg, von Thümmel, Lichtenberg, Matthisson und Salis wollte ich mit einbeziehen. Zu guter Letzt waren es 24 Namen, die auf meiner Liste standen. Selbst der Koadjutor von Dalberg hatte mir seinen Aufsatz „Kunstschulen“ zur Verfügung gestellt.
Über die Gedichte Friedrich Matthissons, den ich während meiner Schwabenreise in Ludwigsburg kennengelernt hatte, hatte ich eine durchaus positive Rezension verfasst, die im September 1794 in der „Allgemeinen Literatur Zeitung“ in Jena veröffentlicht wurde.
Manche meiner Erwartungen wurden noch vor dem ersten Erscheinen des Journals enttäuscht. Körner, mit dessen Beiträgen ich fest gerechnet hatte, bedachte die Zeitung gerade einmal mit zwei kleinen Beiträgen. Die Kluft zwischen Fichte und mir und schließlich die Zurückweisung seines Aufsatzes „Über Geist und Buchstab in der Philosophie“, der mir zu abstrakt und für das Journal unbrauchbar erschien, führte dazu, dass Fichte seine Mitarbeit zurückzog.
Kant teilte mir im März 1795 in einem Brief mit, dass er sich unter anderem aufgrund seines Alters außer Stande sähe, diesem Projekt Beiträge zu leisten und auch zwischen Herder und mir kam es nach einiger Zeit zu Differenzen und Entzweiung in mancherlei Hinsicht.
Doch lag mir besonders daran, Goethe, den ich zwar insgeheim bewunderte, der mir jedoch wie Feuer dem Wasser gegenüberstand, für das Journal zu gewinnen und beide Größen, Kant und Goethe, in einer Zeitschrift zu verbinden. Ich hatte ihn nach meiner Rückkehr aus Schwaben bereits in Jena getroffen, wo Goethe sich in Begleitung Heinrich Meyers sehr betroffen über mein von der Krankheit gezeichnetes Aussehen zeigte. Damals glaubte er, dass ich keine vierzehn Tage mehr leben werde.
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