Freimaurer und Illuminaten

Adam Weishaupt (1748-1830). Kupferstich nach C. K. Mansinger von 1799 Quelle: Wikimedia
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Es schien so, als müsste Dalberg vor etwas in Deckung gehen, denn er, der zuvor für die Aufklärung und die literarische Bewegung des Sturm und Drangs gestanden hatte, musste nun seine politische Gesinnung und seine Sympathie für die Freimaurerei verbergen. Zahlreiche Verbände, die ohne landesherrliche Genehmigung gegründet worden waren, waren von der Regierung verboten worden, und dem Freimaurerorden drohte dies ebenfalls, da in diesen Geheimgesellschaften aufklärerisches Gedankengut verbreitet wurde. Die Liberalen in München hatten die Macht verloren, nun hatten die Katholiken die Oberhand, die mit aller Macht besonders gegen den Orden der seit 1776 bestehenden Illuminaten und deren Gründer, dem Professor Adam Weishaupt, vorgingen.
Dieser war vermutlich aus Bayern in Richtung Mitteldeutschland geflohen, da die Geheimbünde dort bereits vor dem Edikt regen Zulauf erlebten. In Dresden, Jena, Leipzig, Rudolstadt und Meiningen waren neue Logen gegründet worden.
In den bereits bestehenden wurden in Erfurt, Gotha und Weimar eigene Minervalkirchen eingerichtet, welche die zweite Stufe in der Verwaltungshierarchie des Ordens bildeten.
Ab 1785 übernahmen Gotha mit Ernst II. und Weimar mit Joachim Bode die Leitung der nach den bayerischen Edikten arbeitenden Anhänger des Bundes. Bode distanzierte sich später von Weishaupt, um den Erhalt des Ordens zu ermöglichen. Der Illuminatenorden, dem Weishaupt anfangs als General vorstand, hatte sich die Umformung von Kirche und Staat nach den Grundsätzen der Aufklärung zum Ziel gesetzt. Durch heimliche Unterwanderung wollte Weishaupt dies mit Mitgliedern des Ordens erreichen, und so sollte die Organisation Einfluss auf die Regierenden gewinnen und die Ideologie unerkannt, mit strenger Disziplin weiterverbreitet werden.
Durch meine rebellischen Dramen war ich für Dalberg untragbar geworden, vor allem, weil ich diversen wichtigen Persönlichkeiten bereits seit langem ein Dorn im Auge war. Diese hatten Dalberg schon früher vor mir gewarnt.
Von allen Seiten stürmten Sorgen und Probleme auf mich ein. Mein einstiger Gesellschafter in Meiningen, Reinwald, stand seit Jahresbeginn in einem regen Schriftwechsel mit meiner Schwester Christophine, mit dem Ziel, sie als Ehefrau für sich zu gewinnen. Hinter meinem Rücken hatte er sowohl mit ihr, als auch mit meinem Vater korrespondiert – bei dieser Gelegenheit auch ausführlich über mich. Von meinem Vater hatte ich ohnehin immer wieder Zurechtweisungen einstecken müssen. Nun erhob er erneut den mahnenden Zeigefinger, indem er mich anwies, zukünftig unbedingt Reinwalds Rat Folge zu leisten.
So hatte sich meine Schwester mit ihrem hypochondrischen Bräutigam bei mir in Mannheim zu einem Besuch angekündigt. Doch ich ließ mir von diesem vergrämten Mann keinen Rat erteilen, und er spürte deutlich meine Ablehnung. Ich konnte seine Gegenwart nicht lange ertragen und bedauerte schon jetzt meine Schwester, die scheinbar gewillt war, eine Ehe mit dem weitaus älteren Mann einzugehen.
Doch das war zu meinem Leidwesen nicht alles. Die Stuttgarter Korporalsfrau ,‚die Frickin“ genannt, war, von ihren Gläubigern verfolgt, nach Mannheim geflohen und dort wegen der mir seinerzeit geleisteten Bürgschaft von 200 Gulden, die sie nicht einlösen konnte, in Schuldhaft genommen worden.
Ich kam in arge Bedrängnis und bat meinen Vater ein letztes Mal um Hilfe. Enttäuscht von mir und meinem Werdegang schrieb er, dass er mir nicht helfen könne. Nur wenn ich mir selber helfen würde, könnte ich auf göttlichen Beistand hoffen. Dafür wollte er beten!
Das Gebet schien seine Wirkung zu tun, denn die Hilfe kam völlig unerwartet von meinen Wirtsleuten. Sie waren einfache und keine vermögenden Leute, hatten jedoch nicht vergessen, dass ich ihren kranken Sohn behandelt hatte. Da sie meinen betrübten Blick bemerkten, fragten sie sogleich nach der Ursache und stellten mir die 200 Gulden sofort zur Verfügung. Noch in meiner Mannheimer Zeit konnte ich ihnen das Geld zurückzahlen, und ich half ihnen später einmal, als sie selbst in Not gerieten.
Immer mehr wurde nun auch Henriette von Wolzogen von meinen Kreditgebern in Meiningen bedrängt. Ich hatte ihr lange nicht geschrieben – verständlicherweise, denn was hätte ich ihr schreiben sollen? „Haben Sie Geduld!“, wäre der Satz gewesen, den ich ihr jeden Tag hätte schreiben müssen. Ausgerechnet sie, die mir stets geholfen hatte, wurde jetzt meinetwegen bedrängt.
Es war schrecklich für mich, dass ich mein Wort nicht hatte halten können, denn ich hatte ihr mehrfach versprochen, den Rückstand zu begleichen. Nun stand ich da wie ein Lügner und Betrüger. Doch Schuld war einzig und alleine eine Verquickung widriger Umstände. Der ewig nagende Gram und die ungewissen Zukunftsaussichten wollten meine Krankheit, die ich nun schon fast ein Jahr mit mir herumschleppte, nicht weichen lassen. Gewiss hätte ich alles bezahlen können, wenn es anders gekommen wäre! Dagegen sprachen widrige Umstände, die ich nicht verschuldet hatte. Gott war mein Zeuge: Ich hatte nicht aus Vorsatz gehandelt!
Genauso schrieb ich ihr und gab ihr das feierliche Ehrenwort, meine Schuld bis Ende 1785 in Raten abzuzahlen, wobei ich sie bat, den Kredit nochmals verlängern zu lassen. Einer Edeldame, wie sie es war, würde man bestimmt eine Verlängerung einräumen. Ich bedauerte nochmals die prekäre Lage, in die ich sie gebracht hatte und bat sie weiterhin um Liebe und Freundschaft. Auf keinen Fall wollte ich, dass an dieser unglücklichen Situation unsere Freundschaft zerbrechen würde, die so rein, so innig und unter Gottes Augen geschlossen worden war.
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