schiller5

Margaretha Schwan
margaretha_schwan
Aus dieser Hochstimmung heraus wuchs die Liebessehnsucht. Die Bilder meiner einstigen Freundin und deren Tochter waren verblasst. Beide waren Randfiguren meines Lebens geworden, die an Wichtigkeit verloren hatten. So sehnte ich mich nach der Beziehung zu einer Frau, die mein Herz ganz erfüllte, die meine Gegenwart genoss und die meine Liebe erwiderte.
 
Seit meinem ersten Besuch in Mannheim verkehrte ich häufig bei meinem Verleger Schwan in dessen von Literaturfreunden viel besuchtem Hause. Schon zu Beginn unserer Bekanntschaft war mir das Interesse seiner Tochter Margaretha an meiner Person nicht entgangen. So war sie meistens anwesend, wenn ich ihrem Vater meine zuletzt fertiggestellten Szenen vorlas.
 
Sie war ein sehr schönes Mädchen, gerade 19 Jahre alt, mit großen, ausdrucksvollen Augen, von lebhafter Intelligenz und Bildung und alles andere als zur stillen Häuslichkeit neigend. Ihre Vorzüge verstand sie vortrefflich geltend zu machen. Sie versorgte den Haushalt, da ihre Mutter vor kurzem verstorben war.
 
Oft kamen anregende Unterhaltungen über literarische Dinge zwischen uns zustande, und auf Landpartien in die nähere Umgebung kamen wir uns näher.
 
Obwohl ihr Vater stets zugegen war, öffneten sich unsere Herzen füreinander. Liebe nimmt eben keine Rücksicht auf erschwerte Lebenssituationen, und so brannte ich wieder einmal lichterloh.
 
Dieses Gefühl war für die Dichtung meines Don Carlos von Vorteil und meine Dichtung wiederum für meine neue Zuneigung.
 
So lebte ich an manchen Tagen nur von Luft und Liebe, und so sehr ich mir auch vornahm, klüger zu wirtschaften, gelang es mir nicht, diese guten Vorsätze zu befolgen. Im Gegenteil! Meine finanzielle Lage verschlechterte sich täglich. Ich ernährte mich von einem kärglichen Mittagessen, wovon ich für den Abend noch etwas zurück behielt. Oft fehlte mir das Geld für den nächsten Tag, denn auch die gesellschaftlichen Verbindungen verschlangen einen Großteil an Sonderausgaben. Ich schleppte mich von Tag zu Tag und war bereit, alles zu tun, um diesen trostlosen Zustand in bessere Bahnen zu lenken. So keimte in mir die Hoffnung, vielleicht durch meine neu gewonnene Verbindung in Leipzig eine Besserung der Umstände herbeiführen zu können.
 
Aufgrund meiner sich ständig verschlechternden Lebensumstände, vor lauter Scheu und dem Bewusstsein, Margaretha nicht das Geringste bieten zu können, reduzierte ich schließlich die Besuche im Hause Schwan. Auch wollte ich nicht mehr mit ansehen, wie meine reiche Angebetete, als gute Partie von ihren Verehrern umschwärmt wurde. Ich war persönlich viel zu schüchtern, um mich ihr auch nur im Geringsten zu nähern.
 
In der Hoffnung, dass sie mich trotz ihrer oft launenhaften Art nicht ganz vergessen würde, schenkte ich ihr Abschriften meiner Gedichte. So ging ich auf Distanz und suchte anderswo Zerstreuung und Ablenkung, wobei ich mir fest vornahm, nach Besserung meiner finanziellen Verhältnisse, um ihre Hand anzuhalten.
 
 
Weiter

>

Home] [Timeline] [Kleine Einführung] [Virtuelle Zeitreise] [Zeitzeugen] [Impressum und Datenschutz] [Linkliste] [Kindheit und Jugend] [Marbach und Lorch] [Ludwigsburg] [Hohe Karlsschule] [Jura und Medizin] [Die Räuber] [Regimentsmedikus] [Uraufführung Mannheim] [Fiesko und Haftstrafe] [Flucht] [Enttäuschte Hoffnung] [Bauerbach] [Bühnendichter] [Kabale und Liebe] [Theaterfiasko] [Freimaurer] [Rheinische Thalia] [Margaretha Schwan] [Charlotte von Kalb] [Weimarischer Rat] [Zu neuen Ufern] [Leipzig] [Gohlis] [Christian Gottfried Körner] [Dresden] [Henriette von Arnim] [Abschied von Dresden] [Weimar] [Wieland und Herder] [Anna Amalia] [Leben in Weimar] [Teutscher Merkur] [Goethes Geburtstag] [Club der Bürgerlichen] [Bauerbach] [Familie Lengefeld] [Zurück in Weimar] [Charlotte in Weimar] [Volkstedt und Rudolstadt] [Goethe in Rudolstadt] [Rückkehr nach Weimar] [Depression und Arbeit] [Sektierertum] [Berufung nach Jena] [Jena und zwei Engel] [Kontakte und Alltag] [Besuche und Liebe] [Verlobung] [Geständnisse] [Ferien in Rudolstadt] [Mainzer Hoffnungen] [Pläne und Erwartungen] [Heirat] [Erste Zeit der Ehe] [Hystorische Memories] [Totgeglaubte leben länger] [Goethes erster Besuch in Jena] [Bürgers Gedichte] [Schwere Erkrankung] [Wallenstein Idee] [Krankheit und Pflege] [Kant und Unsterblichkeit] [Totgeglaubt] [Karlsbad] [Nachkur in Erfurt] [Schenkung aus Dänemark] [Kant Studium und Kontakte] [Reise nach Dresden] [Studentenunruhen in Jena] [Besuch aus Schwaben] [Besetzung von Mainz] [Französische Bürgerrechte] [Revolutionswehen] [Umzug und Glaubensbekenntnisse] [Guter Hoffnung] [Reise nach Süddeutschland] [Heilbronn] [Geburt des ersten Sohnes] [Ludwigsburg] [Hölderlin] [Tod von Karl Eugen von Württemberg] [Stuttgart] [Zurück in Jena] [Johann Gottlieb Fichte] [Wilhelm von Humboldt] [Die Horen] [Über die Urpflanze] [Reise nach Weißenfels] [Pockenimpfung] [Zu Gast bei Goethe in Weimar] [Wachsende Verbindung] [Universität Tübingen] [Einsame Tage und Erotica Romana] [Plan der Xenien] [Solitude Krankheit und Tod] [Besuch und grüne Tapeten] [Geburt von Sohn Ernst] [Kriegswirren] [Tod des Vaters] [Karoline und Wilhelm von Wolzogen] [Xenien und Gegengeschenke] [Wallenstein Vorstudien] [Gartenhaus in Jena] [Balladenwettstreit] [Goethe reist nach Italien] [Arbeit und Schicksal] [Gartenrichtfest] [Piccolomini und Wallensteins Lager] [Schlussstück] [Plan der Maria Stuart] [Wallenstein vor dem Königspaar] [Umzugspläne nach Weimar] [Geburt von Tochter Karoline] [Charlottes Erkrankung] [Umzug nach Weimar] [Macbeth und neuer Krankheitsschub] [Beendigung der Maria Stuart] [Die Jungfrau von Orleans] [Ruhe in Oberweimar] [Glucks Oper und Jahreswechsel] [Goethes Erkrankung und Tankred] [Die Jungfrau unter dem Panzer] [Uraufführung und Abschied] [Turandot und Mittwochsgesellschaft] [Kotzebue] [Tod der Mutter und Hauskauf] [Theater, Theater] [Erhebung in den Adelsstand] [Die Braut von Messina] [Plan des Wilhelm Tell] [Am Hofe von Weimar] [Die Braut von Messina wird beendigt] [Die natürliche Tochter] [Reise nach Bad Lauchstädt] [Arbeit am Wilhelm Tell] [Madame de Stael] [Fertigstellung des Wilhelm Tell] [Reise nach Berlin] [Geburt von Tochter Emilie] [Die Huldigung der Künste] [Phédre und Demetrius] [Schillers Tod] [post mortem] [Huldigung der Künste]