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Bürgers Gedichte

historischer_kalender

Das Jahr neigte sich dem Ende zu, nicht aber meine Arbeiten, zu denen auch eine ausführliche anonyme Rezension der Gedichte von Bürger gehörte, die wegen ihrer gnadenlosen Kritik großes Aufsehen erregte. Ich hatte Bürger persönlich in Weimar kennen gelernt, aber er gab mir nichts. Im Gegenteil, ich fand ihn ein wenig vulgär und wenig anziehend. Bürger hatte mir unaufgefordert die neue Ausgabe seiner Gedichte geschickt, in der Hoffnung, ich würde Gefallen daran finden. Doch ich hatte so heftige Kritik daran geübt, die nicht frei von Polemik war, dass Bürger nicht glauben konnte, dass ich der Verfasser sei. Demzufolge wurde wenig später eine etwas ungeschickte Antikritik des erbosten Bürger veröffentlicht.
 
In meiner späteren Abhandlung Über naive und sentimentalische Dichtung verteidigte ich die Härte meiner Rezension mit der Erklärung, dass Bürger anundfürsich ein wahres Kunstgenie sei, wenn auch ein wenig unterentwickelt, und dass ich deshalb höhere Maßstäbe hätte anlegen müssen.
 
Mein Verleger Göschen, den ich schon mehrfach zusammen mit seiner Frau nach Jena eingeladen hatte, konnte es anscheinend nicht mehr möglich machen, vor den Weihnachtsfeiertagen zu uns zu kommen.
 
Am Jahresende erfuhr ich zu meiner Freude, dass bereits über 7000 Exemplare meines Kalenders verkauft worden waren. Seit vielen Jahren hatte keine andere Veröffentlichung auch nur die Hälfte dieser Zahl erreicht.
 
Ich schrieb meinem Vater, dass mir sehr viel daran gelegen sei, dass dieser historische Kalender auch in Schwaben verbreitet würde. Insgeheim hoffte ich, der Herzog von Württemberg möge etwas davon erfahren, denn es sollte ihm endlich zu Ohren kommen, dass ich ihm im Ausland keine Schande gemacht hatte.
 
Zusammen mit Charlotte und Karoline wollte ich den Jahreswechsel in Erfurt bei entsprechenden Festlichkeiten verbringen, zu denen wir gemeinsam mit Karoline von Dacheröden beim Koadjutor von Dalberg eingeladen waren.
 
Von den herzlichsten Wünschen begleitet, damit das kommende Jahr 1791 ein Segensjahr für uns alle werden würde, feierten wir bis in die frühen Morgenstunden, nichts ahnend, dass das Unglück, welches mein weiteres Leben bestimmen sollte, bereits vor der Türe stand.
 
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Gottfried August Bürger. Gemälde von J. H.Tischbein. Gleimhaus, Halberstadt. Quelle: Wikipedia
 



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