Zeitzeugen über Friedrich von Schiller
Unsterblichkeit (Friedrich von Schiller) Vor dem Tod erschrickst du? Du wünschest, unsterblich zu leben? Leb’ im Ganzen! Wenn du lange dahin bist, es bleibt.
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Karoline von Wolzogen: „Schiller war von großer, wohlgebauter Gestalt, „der größte Mann“ in Weimar, 6 Fuß und 2 Zoll hoch. Seine Haltung war militärisch von der Karlsschule her. (Schon dort deutete sein sicherer Schritt ein starkes Gefühl des eigenen Wertes an. Eine alte schwäbische Bäuerin, die ihn in einem Gange der Karlsschule gehen sah, meinte: „Der denkt auch, er sei der Herzog!“) Dazu drückte sich die Freiheit des Geistes, das lebendige Gefühl für das Edle, erhaben über alles Kleinliche und Gemeine, auch in seinem Äußeren aus. Sein Kopf war wohlgeformt, der Hals schlank und etwas stark, die Stirn hoch und breit, die Brust zwischen den Schultern gewölbt, der Leib schmal, Arm und Fuß in rechtem Ebenmaß zur ganzen Erscheinung. Die Farbe der Augen war unentschieden zwischen blau und lichtbraun. Der Blick unter den hervortretenden Stirnknochen und den dichten, blonden Augenbrauen warf im Gespräche helle Lichtfunken oder drang tief ins Herz, wenn er sich auf jemanden richtete; gewöhnlich war er sinnend und beschaulich nach innen gekehrt. Seine Nase war gebogen und ziemlich groß. Er scherzte, daß er ihr auf der Schule durch stetes Ziehen eine Spitze gebildet habe. Sein Haar war lang, fein und spielte ins Rötliche, die Haut weiß, das Rot der Wangen zart, das Kinn von angenehmer Bildung, sein Lächeln anmutig, seine Stimme meist belegt und nur ergreifend, wenn er gerührt war. Sein Gang war nach seiner schweren Erkrankung etwas nachlässig, spannte sich aber straff bei innerer Bewegung. Seine Kleidung war einfach, aber gewählt, seine Wäsche stets sauber, sein Schreibtisch wohlgeordnet. Er liebte Blumen um sich, besonders Lilien. Sanfte Musik steigerte seine Arbeitslust, ebenso die rote Farbe der kurzen Fenstervorhänge. Lila war seine Lieblingsfarbe. Spinnen waren ihm widerwärtig.
Charlotte von Schiller: „Es ist ebenso unmöglich, Schillers Bild zu entwerfen, wie das Meer oder den Rheinfall zu malen. Groß und schön wie ein höheres Wesen stand er da. Sein Herz, seine Liebe umfing die Welt, die er erblickte, aber die kam seinem Geiste nicht nahe; sie erschien ihm nur in dem Spiegel seiner reinen Weltv kam seinem Geiste nicht nahe; sie erschien ihm nur in dem Spiegel seiner reinen Seele wieder. Er war einfach und liebenswürdig in seiner Erscheinung, klug und bedeutend immer; kein fades Wort sprach sein Mund aus. Seine Unterhaltung war immer tief. Jedes Gespräch war fast eine neue Schöpfung seines Geistes. Er war duldsam gegen jede Geistesverirrung; nur Leerheit und nichtige Anmaßung waren ihm zuwider. – Jahrtausende gehören dazu, einen Geist wie den seinigen zu wiederholen. – Goethe allein unter seinen Freunden verstand ihn in den hohen Momenten, davon war ich Zeuge. Wie glänzende Himmelserscheinungen gingen die beiden Phänomene oft an einander vorüber, und einer faßte die Flamme des andern auf, ohne sich zu zerstören. Schillers Geist stieg immer aus der tiefsten Tiefe mit Kraft aufwärts, zum reinen Elemente, und deswegen wird kein Mensch wieder erscheinen, den eine göttliche Kraft so belebte wie ihn. – Es gab nicht leicht eine schönere Gestalt als die seinige. Edel und ernst war sein Anstand. – Eine natürliche Feinheit hatte ihn früh alles Unedle verachten lehren. So war auch seine Erscheinung in der Welt und in der Gesellschaft. Nie war er verlegen und ängstlich. Das Herkömmliche drückte ihn nicht, weil sein Geist sich in jede Form fügen konnte. Nie wieder wird ein Gemüt erscheinen, das für die Menschen so viel Liebe und Wohlwollen in sich trug.“
Ölgemälde "Weimars goldene Tage" von Theobald Reinhold Freiherr von Oer (1860)
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Johann Wolfgang von Goethe: „Schiller konnte nichts Gemeines berühren, ohne es zu veredeln. Er erschien immer im unbedingten Besitze seiner erhabenen Natur; er war so groß am Teetische, wie er im Staatsrate gewesen sein würde. Nichts engte ihn ein; nichts zog den Flug seiner Gedanken herab. Was in ihm von großen Ansichten lebte, ging immer frei heraus ohne Rücksicht und ohne Bedenken. Das war ein rechter Mensch, und so sollte man auch sein.“
Wilhelm von Humboldt: „Wir sahen uns täglich zweimal, vorzüglich aber abends allein und meist bis tief in die Nacht hinein. Sein Geist schwebte in vollkommener Freiheit über dem Gegenstande. Immer hielt er den Faden fest, welcher zum Endpunkte der Untersuchung führen mußte.“
Frau von Staël: „Schiller war bewundernswürdig, sowohl durch seine Tugenden wie auch durch seine Talente. Das Gewissen war seine Muse. – Er war der beste Freund, der beste Vater, der beste Gatte. Keine gute Eigenschaft fehlte diesem sanften und friedlichen Charakter, welchen der Genius allein erregte. Die Liebe zur Freiheit, die Achtung vor den Frauen, die Begeisterung für die schönen Künste, die Anbetung der Gottheit lebten in seinem Geiste.“
Der Dichter Johann Gottfried Seume erzählte, wie ihm Schiller am Liebenswürdigsten als Hausvater erschienen sei. Aus einer belebten Gesellschaft in Leipzig sei er plötzlich voller Unruhe nach Weimar abgereist, weil er um sein Töchterchen Karoline besorgt gewesen sei. Als er ihn nach einigen Wochen in Weimar besucht habe, sei er im Vorhofe mit dem lieblichen Mädchen auf dem Arme ihm entgegen gekommen und habe gesagt: „Sehen Sie, das ist das kleine närrische Geschöpf, das mich nicht ruhig bei Ihnen lassen wollte!“ Dabei habe die Kleine freundlich den Nacken des Vaters umschlungen und damit gerechtfertigt, was der Vater gesagt habe
Ernestine Voß, die Gattin des Dichters und Übersetzers Heinrich Voß, von ihrem ersten Besuch im Schillerschen Haus: „Liebenswürdige Herzlichkeit stimmte uns schon beim Aussteigen aus dem Wagen gemütlich, ich möchte sagen fast häuslich. Er stand an der Haustür, und seine freundlich blasse Gestalt hatte etwas Rührendes. Mein Mann und ich hatten das Gefühl, in Schiller einen Mann gefunden zu haben, dem man sein ganzes Herz aufschließen könne.“
Friedrich Wilhelm von Hoven: „Was ich an ihm verlor, werde ich tief fühlen, solange ich lebe. Was die Welt an ihm verlor, weiß jeder, der seine Schriften kennt. Aber sein Wirken im Reich des Schönen, Wahren und Guten hat mit seinem Tod nicht aufgehört. Sein Geist lebt fort in seinen Schriften, sie werden gelesen werden, solange in den Deutschen der Sinn für das Schöne, Wahre und Gute nicht erstorben ist, und diese Zeit wird und kann nie kommen.