Französische Bürgerrechte
Pastellzeichnung von Frenzel. Quelle: zeno.org
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Die Convention Nationale war die 1792 in Frankreich gewählte Volksvertretung, die am 21. September 1792 die Republik ausgerufen hatte. Durch die französische Nationalversammlung war mir am 26. August 1792 das Bürgerrecht verliehen und am 10. Oktober beurkundet worden.
Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte, denn die Gräueltaten, die in Frankreich begangen wurden, konnte ich nur mit Abscheu beobachten. Insgeheim ahnte ich, dass sich aus diesem Chaos wieder ein starker Kopf erheben würde, der das führerlose, für eine solche Freiheit noch nicht reife Volk, mit fester Hand regieren würde.
In Weimarer Hofkreisen wurde meine neu gewonnene Ehrenbürgerwürde mit Argwohn betrachtet, und es wurden Unkenrufe laut, die mir dazu rieten, diese Würdigung abzulehnen, auch, weil ich offen gestanden nie etwas Lobendes über die Revolution geschrieben hatte.
Die Weimarer Meinung außer Acht lassend fasste ich den Entschluss, zur Verteidigung des Königs Ludwig XVI. eine Schrift zu verfassen, da dieser im September abgesetzt worden war. Diese sollte ins Französische übersetzt und über den Herzog von Weimar nach Paris weitergeleitet werden. Doch die Ereignisse in Frankreich überschlugen sich und hielten mich von meinem Vorhaben ab, denn der König wurde am 21. Januar 1793 in Paris hingerichtet.
Anfang November 1792 gab ich zum ersten Mal seit langer Zeit eine Privatvorlesung über Ästhetik in meiner Wohnung, vor 25 Zuhörern. Das Privatkolleg endete am 26. März 1793. Auch für das bereits begonnene Wintersemester hatte ich mich vorsorglich freistellen lassen und sollte das Podium aufgrund meiner Erkrankung nie mehr betreten können.
Am 28. Dezember 1792 wurde im Stuttgarter Residenztheater
Kabale und Liebe aufgeführt und meine Schwestern Luise und Nanette gehörten zu den Zuschauern. Da sich der Adel gewissermaßen durch das Stück gefoppt fühlte, verbot der Herzog Karl Eugen von Württemberg jedoch kurzerhand jede weitere Aufführung.
Vieles erinnerte mich im Moment an meine alte Heimat, so auch die Grüße meines alten Schulfreundes Friedrich Wilhelm von Hoven, die er mir, zusammen mit seinem Werk „Versuch über das Wechselfieber und seine Heilung, besonders durch die Chinarinde“, durch meine Mutter überbringen ließ.
Von Hoven, der seit 1786 verheiratet war, hatte 1780 sein Studium der Medizin abgeschlossen, anschließend 1782 promoviert und sich als praktischer Arzt in Ludwigsburg niedergelassen. Nun schickte ich ihm als Dank und zur Erinnerung meine
Kleineren prosaischen Werke, die im August erschienen waren.
Schwer hatte mich die hippokratische Kunst bestraft, als ich mich von ihr abgewandt hatte, und, da ich nicht mehr ihr Jünger sein wollte, ganz einfach zu ihrem Opfer gemacht. So zwang sie mich gewissermaßen, zu ihr zurückzukehren, doch leider nur, um mich ihr Unvermögen empfinden zu lassen. Wenn mir hier nicht bald geholfen würde, wollte ich von Hoven aufsuchen, um bei ihm Genesung zu finden.
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