Lotte hatte sich in den letzten Tagen sehr um mich gesorgt und war ein wenig beunruhigt in Weimar geblieben, um dort noch einige Besuche zu absolvieren. Charlotte von Kalb, die Voigts, die Wielands und die Schriftstellerin von Berlepsch standen auf ihrem Terminplan.
Das durch die Heirat abgekühlte Verhältnis zu Charlotte von Kalb wurde von uns aus Höflichkeitsgründen in freundschaftlichen Bahnen weitergeführt. Diese erkundigte sich auch später über Frau von Stein mehrfach nach meinem Befinden.
Meine Frau hatte vor, bereits am Samstag, den 15. Januar wieder zurück in Jena zu sein, deshalb unterließ ich es zunächst, sie vorher über meinen Rückfall zu benachrichtigen.
Mit einem starken Schweißausbruch war die Krankheit am 13. Januar urplötzlich und umso heftiger zurückgekehrt. Ich schickte sofort nach unserem Hausarzt, Professor Johann Christian Stark, der mich zur Ader ließ, um eine Entgiftung und Neubildung des Blutes zu erreichen und schrieb an Lotte, dass sie sofort kommen solle, aber ohne Sorge, da das Fieber gebrochen sei.
Noch kurz nach meiner Rückkehr aus Erfurt war ich entschlossen, meine Vorlesungen fortzusetzen, doch jetzt musste ich mir eingestehen, dass dies vorläufig nicht mehr möglich war. Die mir fehlenden Geldeinnahmen versuchte ich über einen Wechsel, den ich auf den jüdischen Kaufmann Gabriel Ulmann in Weimar ausstellte, von meinem Verleger Göschen als Vorschuss auf den für 1792 geplanten Historischen Kalender zu bekommen. Göschen war so freundlich, mir diese Bitte zu gewähren, und ich bedachte ihn sogleich mit einer weiteren, denn ich bat ihn, mir Fuchspelze zu schicken, damit ich mir daraus einen Überrock schneidern lassen könnte. Ohne diesen Pelz hatte mir mein Arzt Spaziergänge in der kalten Luft verboten und bereits Anfang März war der Überrock fertig genäht.
Ich war nicht in der Lage zu lesen oder lange zu schreiben, weil mich die Krankheit und auch deren Behandlung mit Blutegeln, Aderlässen, Brech- und Abführmitteln zu sehr erschöpft hatten.
Tagelang wurde ich von heftigen Fieberkrämpfen geschüttelt und erbrach alle Medizin und Nahrung. Das beängstigende Stechen in der Seite war geblieben und auch die Beklemmungen, die sich mitunter durch Blutspeien lösten, machten mir Angst. Der blutige Zustand des Auswurfs wechselte schon bald in einen eitrigen und übelste Bauchkoliken gesellten sich hinzu und brachten mich dem Tode nahe.
Nach einer Woche war ich so schwach, dass ich jedes Mal in Ohnmacht fiel, wenn man versuchte, mich auf den Nachtopf zu setzen. Die Krankheit hatte am 9. und 11. Tag ihren Höhepunkt erreicht, und ich phantasierte stark in Delirien.
Danach ging das Fieber langsam zurück, und mein Körper kam zur Ruhe. Nach acht fieberfreien Tagen vermochte ich zum ersten Mal wieder aufzustehen und einige Stunden außerhalb meines Bettes zuzubringen. Völlig kraftlos versuchte ich mich einige Schritte am Stock herumzuschleppen.
Auch Lotte war in dieser Zeit nicht zur Ruhe gekommen. Sie sah blass und erschöpft aus, doch versuchte sie ihre Ängste so gut es ging vor mir zu verbergen.
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